Artikel aus der SÜDWEST PRESSE vom 20. März 2018
Mit freundlicher Genehmigung der SWP
Akkordeon-Orchester sind im Kommen
Was früher die „Quetsche“ auf Gartenfesten und Geburtstagsfeiern war, hat sich heute zu Orchestern ausgewachsen, die anspruchsvolle Literatur spielen und durchaus Nachwuchs gewinnen. Diesen Beweis traten beim Bezirkstreffen neun Orchester an, die Musicalmelodien, klassische Stücke und auch Volksweisen hören ließen. Der Harmonika-Club Nellingen richtete das Treffen aus und bewirtete unermüdlich die Gäste. Es war ein Kommen und Gehen über mehrere Stunden.
„Bisher hatten wir nur Freundschaftstreffen der umliegenden Vereine“, sagte Holger Knehr, der Vorsitzende des Nellinger Harmonika-Clubs. „Die meisten Orchester des Treffens hören wir selber zum ersten Mal“, sagte er. Zum Bezirkstreffen kamen unter anderem Orchester aus Ulm, Langenau, Erbach, Allmendingen und Abtsgmünd.
Die Nellinger sind mittlerweile im Bezirk bekannt für ihre gute Jugendarbeit, die seit mehr als 30 Jahren in den Händen von Gisela Bollinger liegt. Von manchen Kindern, die die Musikerin ausbildet, hat sie schon die Eltern am Akkordeon unterrichtet. Derzeit ist in Nellingen eine neue Jugendgruppe geplant, die Kinder ohne Vorkenntnisse ab sechs Jahren aufnimmt. Im 200 Mitglieder starken Harmonika-Club spielen 30 aktive Musiker im Orchester und 45 Jugendliche in drei verschiedenen Jugendorchestern.
„Die bärenstarke Albgemeinde ist auch musikalisch bärenstark“, bemerkte Florian Schittenhelm aus Abtsgmünd, der am gleichen Tag zum Bezirksvorsitzenden gewählt wurde. Der Versicherungskaufmann löst Reinhold Haas ab, der die vergangenen 20 Jahre die Geschicke des Bezirks Schwaben gelenkt hatte. „Die zweijährigen Treffen und die Neustrukturierung des Harmonikaverbandes sind zwei seiner großen Verdienste“, meinte Florian Schittenhelm bei der feierlichen Ehrung und Verabschiedung des Bezirksvorsitzenden auf der Bühne der Festhalle. Der Aalener Reinhold Haas wurde zum Ehrenvorstand im Bezirk Schwaben und seine Frau Ingrid zum Ehrenmitglied ernannt. Reinhold Haas bleibt Beisitzer im Bezirk. Nach dem Blasmusikverband, der in der Region den Ton angibt, ist der Harmonikaverband der zweitgrößte Laienmusikverband in Deutschland.
Mehr als Marsch und Walzer
„Das Image des Akkordeons hat sich gewandelt“, sagte der Landtagsabgeordnete Jochen Haußmann, Präsident des Deutschen Harmonika-Verbandes. Der Trossinger führt das zwar auch auf die Firma Hohner (Instrumente) zurück, aber „man sieht auch im Fernsehen wieder mehr Akkordeons“. Über Märsche und Walzer kämen die gegenwärtigen Orchester alle hinaus. Auf Festivals sind Akkordeons und ihre Verwandten wie Bandoneons zunehmend zu finden.
Beim Bezirkstreffen hörte man das Akkordeonorchester Felkel Ulm mit der Sinfonia Nr 9 von Johann Christian Bach und das Akkordeonorchester Langenau mit Italo-Pop-Hits und Tango. Die Gögglinger warteten mit „Night Beat“ und „Starlight Express“ auf, während die Allmendinger sich unter anderem dem „Alten Fieber“ der Toten Hosen hingaben. Die Harmonika-Schule Josi Mannes war der Tradition verpflichtet, der Akkordeon-Spielring Erbach hatte „A little bit of Queen“ auf den Tasten und Knöpfen. Aus Abtsgmünd und Stubersheim spielten eine Hobbygruppe und ein Orchester auf. Den krönenden Abschluss gestaltete der Harmonika-Verein Ulm-Söflingen.